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Das Herz jeder mechanischen Uhr

Das Uhrwerk einer mechanischen Uhr kommt ohne jegliche elektrischen Komponenten aus. Es ist ein verblüffender Mikrokosmos aus winzigen Rädchen, Trieben, Federn, Schrauben und diversen anderen Elementen. Manche davon feiner als ein menschliches Haar. Das alles entscheidende Teil aber für den präzisen Gang einer mechanischen Uhr ist die Spiralfeder der Unruh. Sie wird daher auch als das „Herz“ der Uhr bezeichnet. Wir erklären, warum sie so wichtig ist, welche Störquellen es gibt und welche Neuerungen die Spiralfeder in den letzten zwanzig Jahren revolutioniert hat.

Rolex „Syloxi-Spirale“, bestehend aus Spiralfeder und Unruhreif

Ein unglaubliches Kraftwerk

So groß die Bedeutung der Spiralfeder für eine mechanische Uhr ist, so winzig ist sie doch: mit ein bis drei Hundertstel Millimetern ist die Spiralfeder dünner als ein menschliches Haar und wiegt gerade einmal rund 2,5 Gramm. Dabei leistet sie ganz Erstaunliches. Ein gedachter Punkt auf dem Unruhreif legt am Tag 20 Kilometer zurück und schafft damit in einem Zeitraum von fünf Jahren eine Erdumrundung auf dem Äquator. Dies ist in aller Regel auch der Zeitraum, nachdem eine mechanische Uhr einen großen Service benötigt, auch Revision genannt.

Das System aus Spiralfeder und Unruhreif bezeichnet man auch als das „Herz“ einer mechanischen Uhr, da es ihr Taktgeber ist. Denn die Energie, die eine mechanische Uhr benötigt, wird durch das Aufziehen der Krone oder bei Automatikuhren durch die Bewegungen am Arm in einer Zugfeder gespeichert. Die Zugeder spannt sich und gibt diese kinetische Energie sukzessive an das Uhrwerk ab. Damit dies nicht unkontrolliert und binnen weniger Sekunden passiert, gibt es eine Komponente im Uhrwerk, die als „Hemmungsorgan“ bezeichnet wird. Dieses ist unmittelbar mit der Spiralfeder und dem Unruhreif gekoppelt. Alle zusammen bewirken, dass die gespeicherte Energie der Zugfeder in winzigen Schritten an das Uhrwerk weitergegeben werden. Meist sind es ein Achtel-Sekunden-Schritte, die bei Betrachten des Sekundenzeigers auch wahrnehmbar sind.

 

Unruhreif und Spiralfeder von Nomos Glashütte

Das System aus Unruhreif und Spiralfeder wurde um 1675 vom niederländischen Physiker und Astronomen Christiaan Huygens erfunden, der entdeckte, dass die Schwingungen von Unruh und Spiralfeder dem gleichen physikalischen Gesetz des Isochronismus gehorchen wie die des Pendels. Das gebräuchliste Material der Spiralfeder ist eine sogenannte Nivarox-Legierung. Dabei ist Nivarox eine Abkürzung und steht für „Nicht variabel, nicht oxidierend“ (NiVarOx). Sie beschreibt zugleich die Vorteile, die die Legierung aus Nickel, Chrom, Mangan, Titan, Beryllium, Silizium und Eisen besitzt: sie ist hochelastisch, ermüdungsarm, nahezu antimagnetisch und nicht rostend.


Die Breguet-Spiralfeder

Die Flachspirale erfährt durch den großen Abraham Louis Breguet um 1795 eine entscheidende Verbesserung: Das Schwingungsverhalten der Spiralfeder verbessert sich nach allgemeiner Auffassung, wenn der letzte – also äußere – Umgang der Spirale in einer besonders berechneten Endkurve hochgebogen wird. Diese Spirale heißt nach ihrem Urheber „Breguet-Spirale“. Für das delikate Hochbiegen des äußeren Endes benötigt ein erfahrener Spezialist etwa zwei bis drei Stunden.

Breguet-Spirale mit hochgezogener Endkurve

Störquellen einer herkömmlichen Spiralfeder

Die Spirale ist ein Schwerarbeiter. Sie führt jährlich mehrere hundert Millionen Schwingungen aus, ist daher verschleißanfällig und empfindlich gegenüber äußeren Einwirkungen wie Erschütterungen, Magnetfeldern sowie Luftdruck- und Temperaturschwankungen. Die Schwingungen von Unruh und Unruhspirale sollen aber möglichst gleich sein, man sagt „isochron“. Üblicherweise aus einer Metalllegierung wie beispielsweise Nivarox hergestellt, kann die Spiralfeder in ihrer Funktion durch die genannten Faktoren beeinträchtigt werden.

Die Lösung: Silizium

So hervorragend die Eigenschaften der metallenen Legierung Nivarox auch sein mögen die Zukunft gehört ihr nicht. Bereits vor zwei Jahrzehnten musste sie ihre Vorreiterrolle an das Halbmetall Silizium abgeben. Um das Jahr 2004 schlossen sich nämlich Rolex, Patek Philippe und die Swatch Group zu einem Konsortium zusammen, um mit dem Forschungsinstitut Centre Suisse d’Électronique et de Microtechnique (CSEM) in Neuenburg eine Siliziumspirale zu entwickeln, welche nahezu alle Vorzüge der Nivaroxmischung übertrifft: Temperaturkoeffizient? Niedriger. Stabilität und Elastizität? Höher. Schutz vor Magnetfeldern und Stoßsicherheit? Noch besser. 

Spiralfeder aus Silizium

Die Parachromspirale und Syloxi-Spirale von ROLEX

Rolex entwickelte im Jahr 2000 die Parachrom-Spirale, eine konservative Metallfeder aus einer Niob-Zirkon-Legierung mit guten antimagnetischen Eigenschaften und hoher Temperaturstabilität. Die charakteristische blaue Färbung erhält die Parachrom-Spirale durch eine 2005 eingeführte Oberflächenbehandlung zur Verbesserung der Langzeitstabilität.

Während die Parachrom-Spirale in den großen Herrenuhrwerken eingesetzt wird, ist die 2014 im Kaliber 2236 präsentierte Syloxi-Spirale eher für kleine Unruhen geeignet. Sie besteht aus einem kristallinen Verbundmaterial aus Silizium und Siliziumoxid (daher der Name Syloxi), dessen temperaturausgleichende und antimagnetische Eigenschaften ihr eine sehr hohe Beständigkeit gegenüber Störeinflüssen verleihen. Überdies hat Rolex durch eine selbst entwickelte patentierte Geometrie das Schwingungsverhalten optimiert: Aufgrund der variablen Steigung und Dicke der Windungen ist ein konstantes «Atmen» der Spiralfeder in jeder Lage gewährleistet.

Auch die Swatchgroup mit ihrer Uhrenmarke OMEGA setzt inzwischen Silizium-Spiralen ein. In diesem Video erklärt die Marke die Entstehung und Vorzüge des Werkstoffs.

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